Besetzung des Volksfreundhauses

Das 1914 fertig gestellten „Volksfreundhaus“ in der Schlossstraße 8 hatte große Bedeutung für die Braunschweiger Arbeiterbewegung. Hier befanden sich Redaktion und Druckerei der sozialdemokratischen Tageszeitung „Volksfreund“, Büros der SPD und mehrerer Gewerkschaften.

In einer Besprechung am 9. März 1933 verabredeten Innenminister Klagges und SS-Führer Alpers die Besetzung des Volksfreundhauses durch die SS noch am gleichen Tag.

Gegen 16.00 Uhr stürmten bewaffnete SS-Angehörige, die von der regulären Polizei mit zwei Mannschaftswagen ausgestattet worden waren, das Gebäude. Ein Schutztrupp des Reichsbanners leistete angesichts der Übermacht keinen Widerstand. Dennoch wurde der Kaufmann Hans Saile von SS-Leuten bei der Erstürmung tödlich angeschossen. 

Die Angestellten im Haus wurden zusammengetrieben und überwiegend, bei einzelnen Misshandlungen, aus dem Haus geschickt. SS-Angehörige verbrannten mehrere Tage lang auf dem Ackerhof Akten und Druckschriften der SPD und der im Hause vorhandenen Buchhandlung. Schutzpolizei schirmte die Umgebung des Hauses ab.

In den folgenden Wochen war das Volksfreund-Gebäude die Haft- und Folterstätte während der so genannten „Mandatsverzichtskampagne“, bei der hierher verschleppte sozialdemokratische Abgeordnete unter Gewaltanwendung zur Niederlegung ihrer Kommunal- und Landtagsmandate gezwungen wurden. Das Gebäude blieb vorerst Standquartier der SS-Hilfspolizei. In der Volksfreund-Druckerei wurde künftig die nationalsozialistische Braunschweiger Tageszeitung hergestellt.